Verleihung des Ludwig-Prandtl Rings 2005

Prof. Zierep during the laudatio.

Verleihung des Ludwig-Prandtl-Ringes 2005 an Professor Dr.-techn. Dr.h.c. Wilhelm Schneider

Laudatio von Prof. Dr.-Ing. Dr.-techn. E.h. Jürgen Zierep

 

Sehr geehrte Damen und Herren, lieber Willi Schneider!

Es ist für mich eine große Freude und Ehre, die Laudatio zu halten und dies aus mehreren Gründen, die im Lauf meiner Ausführungen deutlich werden. Eines jedoch vorweg: Wir sind beide Schüler von Klaus Oswatitsch, der uns geprägt hat und der seinerseits Schüler von Ludwig Prandtl war.

Ludwig Prandtl, der von 1875 bis 1953 lebte, hat durch seine weltbekannten aerodynamischen Forschungen, vor allem durch die Grenzschicht- und die Tragflügeltheorie, Göttingen zu einem Zentrum der modernen Strömungsforschung des letzten Jahrhunderts gemacht. Bereits kurz nach seinem Tode stiftete man ihm zu Ehren einen Ring, der in der Regel alljährlich an verdiente Wissenschaftler, Forscher, Techniker der Luft- und Raumfahrt des In- und Auslandes verliehen wird, beginnend 1957 mit Theodore von Kármán. Der Ring enthält eine Bergkristall-Gemme in Form eines Adlers, deren Vorbild bei Ausgrabungen in Ungarn gefunden wurde und aus der Völkerwanderungszeit stammt. Ein frühes Symbol des Fluges!

Ich kenne Wilhelm Schneider seit gut 40 Jahren und habe seine akademische Karriere mit großem Interesse und Anteilnahme verfolgt, seine wissenschaftlichen Arbeiten habe ich gelesen und hervorragende Vorträge von ihm gehört. Er hat auf den unterschiedlichsten Teilgebieten der modernen Strömungsmechanik grundlegende, oft sehr überraschende, Ergebnisse erzielt, die weltweit bekannt wurden und mit seinem Namen verknüpft sind. Aber nun zunächst zum Lebenslauf.

Geboren 1938 in Wien, studierte Herr Schneider 1956-1961 Maschinenbau an der TU Wien. Er promovierte 1963 bei Oswatitsch mit Auszeichnung zum Dr. der technischen Wissenschaften mit einer hochinteressanten Arbeit über die analytische Berechnung der Überschallströmung um rotationssymmetrische Körper mit Verdichtungsstößen, ein seinerzeit sehr aktuelles Thema. Eine fruchtbare 4-jährige Tätigkeit 1964 - 1968 im Oswatitsch'schen DVL-Institut in Aachen schloss sich an. Dort entstand u.a. die grundlegende, originelle Arbeit über die Berechnung der Hyperschallströmung um stumpfe Körper. Diese von Wilhelm Schneider entwickelte völlig neue Methode, die in einem eigenen Kapitel des 2. Bandes des Gasdynamik-Werkes von Oswatitsch ausführlich dargestellt ist, ist in Moskau und Novosibirsk genauso bekannt wie in Pasadena. Ich konnte mich davon überzeugen.

Pasadena war die nächste Station der Familie Schneider 1968-1969. Herr Schneider arbeitete im Jet Propulsion Laboratory (JPL) in der Nähe von Professor Liepmann. Diesmal ging es vor allem um Arbeiten über Strahlungsgasdynamik, wieder ein sehr aktuelles Thema. Es folgte die Rückkehr nach Aachen mit der Habilitation 1970. Seit 1973 ist Herr Schneider o.Professor an der TU Wien. Die Antrittsvorlesung erfolgte über das richtungsweisende Thema: "Gasdynamik und Thermodynamik: Verschmelzung zweier Fachgebiete". Dies alles kann man als eine "straightforward career" bezeichnen.

An Ehrungen und Auszeichnungen im In- und Ausland hat es nicht gefehlt. Um nur einige zu erwähnen: 1966 Ernst Mach Preis der Deutschen Gesellschaft für Flugwissenschaften, 1989 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1990 Ludwig-Prandtl-Gedächtnisvorlesung in Hannover, 1993 Rektor des International Centre for Mechanical Sciences (CISM) in Udine, 1995 wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 1999 Faxén- Vorlesung in Stockholm, 2003 Dr. h.c. Universität Udine.

Von Herrn Schneider stammen zwei weitverbreitete Bücher: Mathematische Methoden der Strömungsmechanik (Vieweg 1978) und Repetitorium Thermodynamik, gemeinsam verfasst mit S. Haas (Oldenbourg 1996, 2. Auflage 2004). Es gibt von Herrn Schneider, neben zahlreichen Handbuchartikeln, bisher 123 Originalarbeiten in den bekanntesten internationalen referierten Fachzeitschriften. Das Spektrum der hierin behandelten Themen ist überaus breit. Es reicht vom Hyperschall über die Strahlungsgasdynamik zur nichtlinearen Wellenausbreitung. Laminare, turbulente Strömungsprobleme werden genauso behandelt wie äußerst diffizile Konvektionsprobleme und Strömungen mit Phasenübergängen. Alles mit Anwendungen in Natur oder Technik. Wichtige Teilgebiete der Luft- und Raumfahrt werden hierbei genauso erfasst wie aktuelle Fragen der Chemieingenieurtechnik. So findet man z.B. Strömungsmodellierungen des Stranggießens - unentbehrlich für die einschlägige moderne Technik.

35 Dissertationen sind bisher unter seiner Leitung entstanden. Drei von ihnen sogar: "Sub auspiciis praesidentis rei publicae." Felix Austria, kann man da nur sagen, wo so etwas möglich ist.

Die in den Dissertationen behandelten Themen machen einen guten Teil der modernen Strömungsmechanik aus. Dies ist der richtige Weg in die Zukunft für unser Fach und genau die Fortsetzung der von Prandtl begründeten und von Oswatitsch und anderen weitergeführten Ära. Als Kollege und Freund von Wilhelm Schneider habe ich mich oft gefragt: "Wie hast Du das nur alles geschafft, neben Vorlesungen, Vorträgen im In- und Ausland, der Betreuung von Diplomanden und Doktoranden und der ständig wachsenden Administration?" Jeder, der ähnliche Leistungen aufzuweisen hat, wie Wilhelm Schneider, weiß, dass in der Regel viele Dinge zusammengehören, um so etwas zu erreichen: Erstens viel Intuition, zweitens sehr viel Fleiß, drittens das berühmte Quäntchen Glück und viertens ein großes Verständnis der eigenen Familie, hier besonders von Frau Sonja. V. Kármán schreibt hierzu in seinem Aerodynamikbuch, das er dem Andenken seiner Schwester gewidmet hat, dass er ihr die für wissenschaftliche Arbeiten unerlässliche Seelenruhe verdankte. Besser kann man es nicht ausdrücken.

Ich wünsche Dir, lieber Willi, weiterhin soviel wissenschaftliche Erfolge und Freude an der Arbeit und auch die hierzu unbedingt erforderliche Gesundheit. Herzlichen Glückwunsch für die Auszeichnung durch den Ludwig-Prandtl-Ring.

Jürgen Zierep

 

The president of DGLR, Prof. Szodruch.

Prof. Schneider with his Ludwig-Prandtl ring.

The ring

A description of the cameo (in german, pdf, 203 kB).

 

Mrs. Marianne Aksel reading her poem "Ringe" at the "Gesellschaftsabend".